Alles begann inspiriert durch »Reise um die Erde in 80 Tagen« von Jules Verne und entwickelte sich zu einer der beliebtesten Kampagnen von Das schwarze Auge: Der Phileasson Saga.
Nun haben Bernhard Hennen und Robert Corvus diese epische Geschichte über zwei Thorwalerkapitäne, die eine Abenteuerfahrt um den ganzen Kontinent bestehen müssen, wieder auferstehen lassen.
Meine Videorezension:
Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=ip6qFtmJ36o
Handlung
Der Roman beschreibt, wie sich die beiden besten thorwalschen Kapitäne, Phileasson und Beorn, aufmachen, um in ihren Booten zusammen mit einer ausgewählten Mannschaft den Titel »König der Meere« zu erobern. Um den Titel für sich zu erstreiten, müssen die Männer viele gefährliche Aufgaben meistern und dabei den Kontinent Aventurien in 80 Wochen umrunden.
Am Anfang von Nordwärts steht ein knapp 100 Seiten langer Prolog, der vor allem einen der Charaktere einführt (zum Prolog unten mehr).
Dann erleben wir, wie die Kapitäne die Herausforderung der Abenteuerfahrt annehmen, sich eine Mannschaft zusammenstellen, zu ihrer ersten Aufgabe in den eisigen Norden aufbrechen und versuchen, diese zu lösen.
Da dies der Auftakt einer langen Reihe (vermutlich 12 Bände) ist, werden hier die Charaktere ausführlich vorgestellt. Und es sind viele, viele Charaktere (mehr dazu, siehe unten).
Wer sich nun fragt, warum er die Romane lesen soll, obwohl er die Saga doch schon kennt, dem kann ich sagen: es lohnt sich! Auch alte Fans der Saga können sicher noch einiges Neues entdecken. Dies liegt vor allem an vielen Charakteren, die Hennen und Corvus sich extra für ihre Adaptation überlegt haben und die in der ursprünglichen Kampagne nicht auftauchen.
Aufgefallen ist mir die zweigeteilte Handlung, in die der Roman zerfällt.
In den ersten knapp 100 Seiten leiden wir mit dem jungen Tylstyr in einem Prolog. Hier wird sehr emotional geschildert, wie der Magier von seinem Dorf abgelehnt wird. Da eine Hungersnot droht, entscheidet sich das Dorf, ein Handelsschiff zu überfallen. Keiner der Seeleute darf überleben, damit niemand hinter das Geheimnis der grausamen Tat kommt. Tylstyr wird gezwungen, sich an diesem Überfall zu beteiligen.
Doch es wird noch schlimmer. Ein Mädchen überlebt den Überfall auf das Schiff, wird von den Jungmannen aus dem Dorf in eine Höhle gesperrt und viele Male vergewaltigt. Tylstyr, der Ausgestoßene, möchte ihr unbedingt helfen.
Und der Leser wünscht sich natürlich, dass er Erfolg hat. Dies verstärkt die Bindung des Lesers zum Charakter.
Und genau hier liegt das Problem. Nach dem Prolog nimmt die Geschichte eine komplett andere Wendung. Die bisherigen Geschehnisse sind eigentlich für den Rest der Geschichte kaum mehr relevant. Nur zwei Mitglieder auf der Abenteuerfahrt, Tylstyr und ein anderer Jungmann aus demselben Dorf, betreffen die Vorfälle im Prolog noch.
Ich weiß nicht, was Hennen und Corvus weiterhin geplant haben, doch hoffe ich, dass es den beiden gelingen wird, die Vorgeschichte noch stärker mit der Hauptgeschichte zu verknüpfen.
Die Stimmung in der weiteren Geschichte ist sicher eine ganz andere, als die im Prolog. Und diese Stimmung gefällt mir auch besser. Hier schwingt eher das unbeschwertere, abenteuerliche Flair mit, das ich in Aventurien liebe.
Charaktere
Die Figuren des Romans sind sehr vielschichtig und besitzen glaubwürdige Emotionen und Wünsche. Dabei scheint fast jeder mit einer eigenen Motivation ausgestattet zu sein.
Bisher ist noch nicht so viel von Charakterentwicklung zu sehen, doch bin ich schon sehr gespannt darauf, wie sich die Figuren im Laufe der Reise noch verändern werden.
Als meine momentanen Lieblingscharaktere würde ich herauspicken:
Den alten Kämpen, Eichward vom Stein.
Das geheimnisvolle Mädchen mit Gesichten, Leomara
Welt
Die Romanreihe ist eine Adaption einer sehr beliebten und erfolgreichen Kampagne aus dem Rollenspiel Das schwarze Auge. Und spielt deshalb natürlich auch auf dem Kontinent Aventurien. Vielen wird Aventurien wohl bekannt sein. Wer den Kontinent nicht kennt, kann hier mal nach ein paar Infos schauen:
http://www.wiki-aventurica.de/
Mir gefällt, wie Hennen und Corvus die Thorwaler in Nordwärts dargestellt habe. Sie weisen zum Beispiel explizit darauf hin, dass das Thorwalsch (die Sprache der Thorwaler) keine höfliche Anrede, sondern nur das Du kennt. Da merkt man, dass die beiden sich wirklich intensiv mit dem Hintergrund beschäftigt haben.
Geschickt wurde auch immer wieder darauf eingegangen, welche Sprache die jeweiligen Charaktere sprechen. Nicht alle sind gebürtige Thorwaler und so ergeben sich vielerlei Akzente. Dadurch wirkt die Welt nicht einfach nur wie ein Einheitsbrei, sondern vielschichtig.
Auch die Elfen, die ja innerhalb der Saga noch eine wichtige Rolle spielen werden, haben die Autoren gut eingefangen. Ihre Eigenart – vor allem ihre aventurische Eigenart im Vergleich z.B. mit den Elben im Herr der Ringe – kommt gut zur Geltung.
Sprache
Direkt und mit wenigen Schnörkeln. Präzise wird vor allem dann alles beschrieben, wenn es um Kampf oder Schifffahrt geht.
Die Welt der Thorwaler hätte man vielleicht noch mit ein paar mehr nordischen Begriffen ausschmücken können.
Die Tatsache, dass hier zwei Autoren zusammen am Werke waren, merkt man am Text nicht. Alles wirkt sehr einheitlich.
Probleme hatte ich nur stellenweise bei der Perspektive. Die Autoren halten die Perspektive zwar immer genau ein, dennoch kann es verwirrend sein, wenn zu viele Perspektivfiguren in derselben Szene vorkommen. Da sich die Charaktere alle zusammen auf Abenteuerfahrt befinden, kommt dies aber leider häufig vor.
Fazit
Ein spannender Roman und ein würdiger Auftakt zur großen Phileasson Saga.
Ich freue mich schon auf die nächsten Romane. Hennen und Corvus haben uns in diesem Buch interessante Charaktere präsentiert. Ich möchte gerne wissen, wie sie sich auf der weiteren Reise schlagen.
Immer genug Muße zum Lesen
Euer Dominik Schmeller